Ursprünglich stand Japan auf dem Tourplan, Wunschreiseziel des JugendJazzOrchesters NRW seit vielen Jahren. Das ‘Deutschlandjahr 2005/2006’ wäre eine willkommene Gelegenheit gewesen, die Band dort innerhalb des Kulturrahmenprogramms auftreten zu lassen; ein Landesensemble eines anderen Bundeslandes erhielt den Zuschlag.
Bilder der Tournee
Die Geschäftsführung des Orchesters bemühte sich daraufhin um Kontakte nach Vietnam und Thailand. Das Goethe-Institut in Hanoi unter Leitung von Dr. Franz Xaver Augustin war es, das letztlich das Orchester aus Anlass der ‘Deutschen Kulturwochen in Vietnam’ zu mehreren Konzerten einlud. Unter seiner Federführung konnten die Goethe-Dependancen in Jakarta, Bandung und Kuala Lumpur hinzugewonnen werden, die ihrerseits Konzerte organisierten. Einen besonderen Reiz erhielt die Tour durch einen Aufenthalt in Kambodscha, der ebenfalls auf Vermittlung Dr. Augustins zustande kam. Hier übernahm der Direktor des ‘Meta House Art Center’ in Phnom Penh die Betreuung.
So nahm die Tournee, die vom 01.-22. April 2007 stattfand, folgenden Verlauf:
Jakarta und Bandung (Indonesien), Kuala Lumpur (Malaysia), Siem Reap und Phnom Penh (Kambodscha), Saigon, Da Nang, Hoi An, Hanoi (Vietnam). 8 Flüge waren zu absolvieren, 12 Konzerte und Workshops standen auf dem Programm, ein neues Leitungsteam musste sich bewähren, ein Kamerateam begleitete das Orchester. Die Reise wurde mit Mitteln des Goethe-Instituts und des Ministerpräsidenten des Landes NRW gefördert.
Nach einwöchiger Vorbereitung in der Akademie Remscheid startet die 26-köpfige Band unter der künstlerischen Leitung von Frank Reinshagen, Elmar Frey und Marko Lackner zu ihrer ersten Station. 11 Stunden nonstop nach Kuala Lumpur, Umsteigen nach Jakarta, unbemerkt wird der Äquator überflogen. Die Hauptstadt Indonesiens empfängt das Orchester mit tropischen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit. Die Luftverschmutzung ist enorm. Frau Dr. Marla Stukenberg, Leiterin der Programmabteilung des Goethe-Instituts, organisiert den Aufenthalt vor Ort. Tags darauf ist eine Stadtrundfahrt angesetzt: eingenebelt in Abgase aus Zweitaktmotoren erlebt die Band auf mehrere Kabinenroller verteilt hautnah das Verkehrschaos der Stadt. Der Rundblick vom Nationaldenkmal (Monas) lässt die enorme Ausdehnung der 17.000.000-Metropole erahnen. Abends findet das erste Konzert der Tour im vollbesetzten Saal des Goethe-Instituts statt, einer Oase inmitten der feuchtheißen und stickigen Stadt.
Per Bus geht es in das etwa 100 km südlich gelegene Bandung, der Provinz-Hauptstadt Westjavas. Deutlich höher gelegen als Jakarta ist die viertgrößte Stadt Indonesiens mit seinem relativ kühlen Bergklima ein beliebter Aufenthaltsort für Reisende auf Java. Auch hier gibt es ein Goethe-Institut, das sich mit viel Aufmerksamkeit um das Orchester kümmert. Die Aula Barat des hoch angesehenen ‘Instituts Teknologi Bandung’ (ITB) bietet gute Rahmenbedingungen für das nächste Konzert, das noch am Ankunftstag abends stattfindet. Etwa 800 Zuhörer, darunter zahlreiche Studenten, haben sich eingefunden, fordern zum Schluss stehend applaudierend Zugaben.
Bereits um 05:00 Uhr beginnen am nächsten Morgen die Vorbereitungen zur Abfahrt zum Flughafen. Müdigkeit und erste Anzeichen von Erschöpfung stehen einigen ins Gesicht geschrieben. Das Orchesterequipment muss vor dem Einchecken wie immer durch den Scanner, Air Asia verlangt Gebühren für Übergepäck, bietet wenig Verhandlungsspielraum. Der Flug nach Kuala Lumpur lässt wieder den Äquator passieren. Normalerweise würde man sich zuprosten, die Band ist für solche Aktionen zu müde.
Das Goethe-Institut in Kuala Lumpur unter Leitung von Herrn Dr. Volker Wolf ist zuständig für unseren Aufenthalt in Malaysia. Schon die Fahrt vom Flughafen in die Hauptstadt lässt die im Vergleich zur Region Jakartas deutlich bessere Infrastruktur erahnen. Malaysias Metropole ist von weitem durch seine imposanten, 452 m hohen ‘Petronas Twin Towers’ auszumachen. Eine Monorailbahn rund um das Stadtzentrum fügt dem ohnehin modernen Stadtbild eine fast futuristische Komponente hinzu. Untergebracht im ‘Grand Seasons’, dem höchsten Hotelgebäude des Landes, erholt sich die Band zunächst von den Reisestrapazen.
Aus Anlass des 50. Jahrestages der Unabhängigkeit Malaysias spielt das Orchester im ‘Kuala Lumpur Performing Arts Centre’ und am nächsten Tag im ‘KBU International College’, einem auf den Gebieten Maschinenbau, IT, Business, Art und Design hoch angesehen privaten Ausbildungsinstitut. Die Band wird mit aufwendig gestalteten Transparenten empfangen: ‘Welcome Youth Jazz Orchestra NRW’. Werbung, Bühnentechnik, Catering, alles wurde bis ins Detail und mit großem Engagement von den Studenten vorbereitet. Rund 1000 Zuschauer füllen den Saal, die Stimmung ist ausgelassen. Wolf Escher, einem der Gründungsväter des Orchesters und dieses Mal als Tourgast dabei, wird in feierlicher Zeremonie ein Geschenk überreicht. In einer kurzen Laudatio würdigt die Moderatorin seine 31-jährige künstlerische Leitungstätigkeit.
Zum Ende des Konzertes werden T-Shirts mit Logo und Aufschrift des Instituts verteilt, die die Band spontan überzieht. In neuem Outfit, angenehm korrespondierend mit der Bühnendekoration, absolviert das Orchester seine Zugabe. Standing Ovations zum Schluss, ein rundum gelungener Auftritt.
Der nächste Tag beginnt früh mit Verladen von Gepäck und Equipment. Wieder erfolgt die stressige Prozedur des Eincheckens, dieses Mal für den Flug nach Siem Reap, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz in Kambodscha. Erneut wird mit Air Asia um die Höhe der Übergepäckgebühren gefeilscht, letztlich übernimmt das Goethe-Institut die Mehrkosten.
In Siem Reap, der Stadt in unmittelbarer Nähe zum Weltkulturerbe Angkor Vat, ist die Band in einem Guest House untergebracht, einer einfachen aber gemütlichen Herberge. Die Umstellung vom gediegenen, wohl klimatisierten ‘Grand Seasons’ zur neuen Unterkunft fällt manch einem nicht leicht. Moskitonetze werden installiert, der Strom fällt zeitweise aus, in den Abendstunden gesellen sich Geckos zum Essen. Die Straßen sind staubig, die Behausungen der lokalen Bevölkerung einfach, man hat das Gefühl, in Südostasien angekommen zu sein.
Angkor Vat ist die größte Tempelanlage der Welt, die Restaurierung des zum Weltkulturerbe gehörenden Bauwerks wird von der UNESCO organisiert. Gebaut wurde die Anlage im 12. Jahrhundert von König Suryavarman II, dem ‘Schützling des Sonnengottes’. Das riesige Ausmaß der nach strengen geometrischen Prinzipien gebauten Anlage ist überwältigend; ein ganzer Tag ist für die Besichtigung vorgesehen.
Einige Orchestermitglieder werden krank, Probleme mit Magen und Darm tauchen auf, die Malariaprophylaxe wird nicht von allen gut vertragen. Auf die Notwendigkeit, ausreichend zu trinken und mit seinen Kräften hauszuhalten, wird immer wieder hingewiesen.
Es ist Montag, der 9. Tag der Tour.
Es geht mit dem Bus nach Süden, Phnom Penh ist das Ziel. Nach 7-stündiger Fahrt erreichen wir die kambodschanische Hauptstadt, checken ein im ‘River Star Hotel’ direkt am Ufer des Mekong. Programm für den Abend: Empfang im ‘Meta House Art Center’, einem Kunst- und Kommunikationszentrum, das im Januar 2007 in Kooperation mit der Internationalen Akademie der Freien Universität Berlin eröffnet wurde. ‘Seit 1998 herrscht endlich wieder Frieden in Kambodscha. Wir wollen Raum schaffen für Fantasien und Visionen in einem Land, dessen Bewohner das Träumen verlernt haben’, so sein Direktor, der Berliner Filmemacher Nico Mesterharm. Das Treffen findet auf der Dachterrasse des Hauses statt mit Blick über eine pulsierende Metropole. Es gibt Bier und Kanapees, die Atmosphäre ist entspannt. Das Orchester ahnt nicht, welch grauenvollen Bildern es am kommenden Tag bei seinem Besuch in der Genozid-Gedenkstätte ‘Toul Sleng Genocide Memorial’ ausgesetzt sein wird.
In einem knapp dreißigjährigen Bürgerkrieg, vor allem aber während der Schreckensherrschaft der ‘Roten Khmer’ (1975-1979) wurden nicht nur 2 Millionen Kambodschaner ermordet, sondern auch das gesamte Sozialgefüge des Landes aus den Angeln gehoben. Intellektuelle und Menschen, die sich nach Meinung der Roten Khmer als Gebildete erwiesen, weil sie z.B. Brillen trugen, wurden umgebracht, Bücher verbrannt, Bibliotheken, Archive und Schulen verwüstet. Wer als Deutscher ‘Toul Sleng’ in Phnom Penh besucht, muss unweigerlich an den Terror und die Menschenverachtung der Nationalsozialisten denken.
‘Toul Sleng’ ist ein ehemaliges Schulgebäude der Stadt, das Gymnasium ‘Tuol Svay Prey’ in der 103. Straße, das von den Roten Khmern nach der Eroberung Phnom Penhs der systematischen Folterung der Insassen diente. Diejenigen, die die brachialen Misshandlungen überstanden, wurden erschlagen. Nur sieben von insgesamt mindestens 14.000 Gefangenen überlebten.
Einige Jugendliche können die Bilder der Ausstellung nicht ertragen und bleiben im Hof des Gebäudes zurück. Andere finden keine Worte, um ihre Eindrücke mitzuteilen; es fällt schwer, sich vor der Kamera zu äußern; auch dem Autor dieses Berichts ergeht es so.
Abends findet ein Konzert im ‘Cambodia-Japan Cooperation Center’ statt. Soweit bekannt, ist noch nie eine deutsche Big Band in Kambodscha aufgetreten, eine absolute Premiere also. Das Publikum ist neugierig, geht begeistert mit. Der Deutsche Botschafter ist auch anwesend und unterhält sich in der Pause angeregt mit Mitgliedern des Orchesters.
Am nächsten Morgen verlassen wir Phnom Penh mit dem Bus. Nächstes Ziel: Ho-Chi-Minh-Stadt, ehemals Saigon. Vor der Abfahrt versucht der Geschäftsführer noch Reiseschecks zu wechseln, um vereinbarungsgemäß Auslagen für das Orchester zu begleichen. Mit dem Moped geht es von Bank zu Bank, bis endlich die gefunden wird, die den erforderlichen Betrag tauschen kann.
Die kommende Etappe wird 9 Stunden dauern.
Viel zu spät hat man damit begonnen, die Nationalstraße Richtung Südvietnam auszubauen. Der Verkehrt quält sich über staubige Pisten durch kilometerlange Baustellen. Einfache Hütten auf Pfählen säumen den Weg, die Landbevölkerung lebt in ärmlichen Verhältnissen. Irgendwann hält der Bus an, das Orchester ‘besichtigt’ die einfachen Unterkünfte. Vor allem Kinder, zunächst eher scheu, versammeln sich, um die ‘Langnasen’ zu begutachten. Das Eis bricht, als einer der Musiker mit Bällen jongliert. Die Kameraleute halten die Szene fest. Sie nutzen die Kulisse auch, um Interviews mit einigen Bandmitgliedern zu führen: Sie fragen nach ihren Stimmungen und Gefühlen, wie steht’s mit der Gesundheit, gibt es Heimweh?
Auf dem Weg zur Grenze überqueren wir den Mekong mit einer Fähre. Zuvor müssen wir uns in einen Pulk von Bussen und LKWs einreihen, die voll bepackt mit Menschen, Tieren und Waren auf ihren Transfer warten. Wie Ameisen wuseln Kinder durch die wartenden Fahrzeuge und bieten ihre Waren an; in der Luft hängen Schwaden von Dieselabgasen. Wir passieren den Grenzübergang, umständliche Passformalitäten sind abzuwickeln, Gepäck und Instrumente müssen wie am Flughafen durch eine Sicherheitskontrolle. Ein paar Extradollar beschleunigen die Einreiseprozedur.
Auf der ‘anderen Seite’ fahren wir über gut ausgebaute Straßen. Die Umgebung verändert sich, ein deutlich höherer Lebensstandard wird erkennbar. Vietnam, ein Land im Aufbruch. Der Aufstieg begann 1986. Die Regierung verabschiedete sich von der Planwirtschaft, eine liberale, an den Marktgesetzen orientierte Wirtschaftspolitik befreite Vietnam von seiner zehnjährigen Armut nach dem Krieg. Mit jährlich 8 Prozent erzielt die heimische Wirtschaft eine der höchsten Wachstumsraten weltweit.
Man kann nicht glauben, dass wir nun durch jenes Land reisen, das so unsäglich viel Leid durch Kriege erleiden musste. Unvorstellbar die Tatsache, dass mehr Bomben auf Vietnam abgeworfen wurden, als während des gesamten 2. Weltkriegs über Mitteleuropa.
Kriegsbilder, die um die Welt gingen, lange verdrängt, kommen zurück.
Die Evakuierung per Hubschrauber vom Dach eines CIA-Wohnblocks in der Innenstadt von Saigon, das schreiende Mädchen, das sich nach einem Napalmangriff die brennenden Kleider vom Leib reißt, der Mönch, der in Flamen aufgeht. 1965 startete Amerika nach einem von ihm provozierten Zwischenfall mit einem nordvietnamesischen Patrouillenboot im Golf von Tonkin seine Invasion, das Trauma begann; erst 1973 rang man sich in Paris zu einem Friedensvertrag durch.
Acht Jahre lang konnte man die Schrecken dieses Krieges im Fernsehen verfolgen, damals noch in Schwarz-Weiß, aber deshalb nicht minder abstoßend für den Verfasser dieser Zeilen und seine Mitschüler in jener Zeit.
Der Blick aus dem Fenster versetzt die Band in ungläubiges Staunen. Mittlerweile in den Vororten Saigons angelangt bewegt sich der Bus immer noch stetig, obwohl ringsum von Mopedschwärmen umgeben. Diese scheinen wie Heuschrecken aus allen Richtungen aufeinander zuzufahren, so dass - zumindest nach deutschem Verständnis - der Verkehr zum Erliegen kommen müsste. Wir schwimmen im Zweiradstrom mit und erreichen in einem Zickzackkurs endlich unser Hotel im Stadtzentrum.
Im Konzertsaal des Konservatoriums steht am nächsten Tag ein Workshop auf dem Programm. Einige Musikstudenten lauschen aufmerksam den Ausführungen der musikalischen Leiter, lassen sich zum Schluss auf die Bühne bitten, um der Band über die Schulter zu schauen. Auf große Resonanz stößt die Umsetzung eines vietnamesischen Volksliedes, das von einem Teilnehmer spontan auf einen Zettel gekritzelt der Band als Vorlage für Improvisationen dient. Dieses Stück wird noch am gleichen Tag von Frank Reinshagen zu einem kompletten Arrangement verarbeitet und für die Zeit in Vietnam in das Konzertrepertoire aufgenommen. Am Abend gibt das Orchester an gleicher Stelle ein Konzert.
Es ist Samstag, der 14. April.
Mit Vietnam Airlines, die über eine der modernsten Luftflotten im asiatischen Raum verfügt, geht es nach Da Nang, zur Zeiten des Vietnamkriegs die größte Luftwaffenbasis der Amerikaner. Von hier starteten B 52-Bomber ihre Angriffe; über den Seehafen der Stadt lief der Nachschub.
Das Orchester wird im nahe gelegen Hoi An untergebracht, einer idyllischen Hafenstadt mit alten Kaufmannshäusern. Die vielen Schneidereien am Ort sind für die Band die eigentliche Attraktion. In Windeseile spricht sich herum, dass man sich preisgünstig Maßanzüge anfertigen lassen kann. Von der Bestellung bis zur Auslieferung dauert es maximal 2 Tage.
Das Orchester soll auf dem Marktplatz ein Openairkonzert durchführen; Regen verzögert den Auftritt. Viele jugendliche Zuhörer verfolgen auf ihren Mopeds sitzend in gebührendem Abstand das Geschehen, es gab schon bessere Auftrittsbedingungen.
Für den kommenden Tag ist ein Konzert im Kulturzentrum Da Nang vorgesehen, einem modernen Konzertsaal mit guten akustischen Voraussetzungen. Die Techniker des Hauses sind über die Ankunft des Orchesters nicht informiert, nichts ist vorbereitet, Klavier oder Flügel Fehlanzeige. Mühsame Verhandlungen beginnen, das Hauspersonal stellt sich stur, die Stimmung ist gereizt. Zwei Orchestermitglieder müssen zum Arzt, unsere Begleiterin vom Goethe-Institut ist mit den Nerven am Ende. Das Konzert gestaltet sich zäh, es gab schon angenehmere Auftritte.
Für Montag, den 16. April, ist ein Ausflug in den Regenwald vorgesehen. Nach 3 Stunden Fahrt wird die Band auf kleinere Busse verteilt, die sie auf einer schmalen und kurvenreichen Straße weiter in die Berge bringen. Zum Schluss geht es zu Fuß durch dichten Wald bis zu einem Wasserfall, von dem man einen beeindruckenden Blick auf die bewaldeten Hänge ringsum genießt. Der Dschungel scheint undurchdringlich. Die Vorstellung, dass diese nun friedliche Kulisse einst Schauplatz eines erbarmungslosen Kriegs war, lässt einen erschaudern.
Nächste Station der Tour ist Hanoi. Wieder Probleme beim Einchecken. Obwohl in Abstimmung mit dem Goethe-Institut nun angeblich keine Gebühren für Übergepäck anfallen sollen, besteht Vietnam Airlines auf Extrazahlungen. Stress kommt auf, Telefonate werden geführt. Ergebnis: die Airline muss eingestehen, dass sie der Beförderung von Übergepäck ohne Zusatzkosten im Vorfeld zugestimmt hat. Die Kameraleute zahlen trotzdem für ihre Ausrüstung; bescheidene 15 Dollar sind zu entrichten - damit die Angestellten am Check-in-Schalter ‘nicht ihr Gesicht verlieren’.
Die Stadt ‘zwischen den Flüssen’ gilt als eine der faszinierendsten Metropolen Südostasiens. Der Besucher ist gleichermaßen beeindruckt von der historischen Altstadt, dem kolonialen französischen Viertel, tausend Jahre alten Tempeln und den vielen Seen. Der Leiter des Goethe-Instituts lässt es sich nicht nehmen, das Orchester persönlich zu interessanten Punkten der Stadt zu führen, so z.B. in das Viertel Ba Dinh, ein Stück östlich vom Ho-Chi-Minh-Mausoleum. Hier ragt das Wrack eines abgeschossenen B-52-Bombers aus einem See, heute ein Denkmal, das von eleganten Stadthäusern und einer Grundschule eingerahmt wird.
Zwei Workshops im städtischen Konservatorium sind vorgesehen, das Interesse hier deutlich größer als in Saigon. Einige Studenten lassen sich überreden, in der Band mitzuspielen.
Der vorletzte Tag der Tour ist einem Ausflug zur berühmten Ha-Long-Bucht vorbehalten.
‘Aus der beeindruckenden Meereslandschaft und dem jadegrünen Wasser ragen zerklüftete Karstfelsen empor. Fast 2000 markante Inseln liegen verstreut in der 1553 Quadratkilometer großen Bucht im Golf von Tonkin. 1994 ernannte die Unesco 434 Quadratkilometer zum Weltnaturerbe’ (vergl.: Der National Geographic Traveler ‘Vietnam’).
Die Band richtet sich auf einer romantischen Dschunke ein. Die Fahrt führt zunächst zu einer atemberaubend schönen Tropfsteinhöhle, anschließend durch die Welt der Kegelkarsttürme. An Bord wird ein mehrgängiges Seefood-Menue serviert; später gibt es Gelegenheit, in einer ruhigen Lagune zu baden. Stress und Krankheiten sind vergessen, das Orchester fühlt sich wohl. Auf der Rückfahrt nach Hanoi gibt der Bus seinen Geist auf. Mehrere Stunden harrt man auf einer Landstraße aus, bis ein Ersatzfahrzeug eintrifft.
Das letzte Konzert findet statt im Jugendtheater Hanoi. Die Band spielt vor vollbesetztem Haus. Zwei italienische Saxophonisten, die sich auf Einladung des Goethe-Instituts in Hanoi aufhalten, steigen mit ein, ebenso ein Melodicaspieler vom heimischen Konservatorium. Das Publikum ist begeistert, die Stimmung ausgezeichnet.
Der Abend klingt aus mit einem deftigen Essen und Freibier im Innenhof des Goethe-Instituts.