Die Backstreet Boys in einer Person. Das JugendJazzOrchester NRW wurde auf seiner Südkorea-Tournee bejubelt und gefeiert.
Seoul
In Sachen Jazz galt Südkorea bislang noch als Diaspora. Das könnte sich aber bald ändern, denn soeben absolvierte das JugendJazzOrchester Nordrhein-Westfalen eine Südkorea-Tournee. Und schon oft in seiner 28-jährigen Geschichte bereitete dieses Nachwuchsensemble im Ausland den Boden für andere Jazz-Formationen. Gestern, nach zehntägigem Aufenthalt, machten sich die 25 Musiker auf die Heimreise.
Bilder der Tournee
Kurz vor Beginn eines der letzten Konzerte in Seoul telefonierten die Sängerin Caterina Dragon und die beiden Saxofonisten Christine Moser und Guido Gering mit der WELT am SONNTAG - sie wirkten wie beflügelt vom Erfolg ihrer Reise. Dass sie in Korea eine solche Begeisterung auslösen könnten, damit hatten sie offensichtlich nicht gerechnet.
Schon die erste Begegnung sei außergewöhnlich herzlich gewesen, sagt Christine Moser, die den Saxofon-Satz der Big Band leitet. Sie erzählt, wie sie mit den anderen Saxofonisten kurz nach der Ankunft in Korea für eine Probe in den Park ging, weil es im Hotel keinen geeigneten Raum gegeben habe. Obwohl das Musizieren im Park eigentlich verboten ist. Doch statt der Polizei kamen alsbald Passanten und spendierten den Musikern Getränke. Nun sind europäische Saxofonisten in Seoul gewiss ein exotischer Anblick - zumal in einem öffentlichen Park. Aber würden die Koreaner deswegen wohl auch in die Konzerte kommen?
Caterina Dragon, die Sängerin, kann es jetzt noch nicht recht fassen, wie viel Publikum sie hatten. ‘An einem Abend haben wir vor 2000 Zuhörern gespielt’, erzählt sie. Und die klatschten nicht nur artig Applaus, sondern bejubelten jedes einzelne Solo. Dass es eines Abends bei einem Schlagzeug-Solo sogar Standing Ovations gab - dieses Ereignis wird wahrscheinlich Eingang in die Annalen des Orchesters finden. Es soll freilich nicht verschwiegen werden, dass die Lichtinszenierung bestimmt ihren Teil zu solchen Beifallsstürmen beigetragen hat: Licht aus, Spot aufs Schlagzeug. Auch davon waren die NRW-Jazzer überrascht: Mit wie viel technischer Finesse die koreanischen Veranstalter ihre Gäste verwöhnten. So also wurde der Jazz aus NRW in Korea fast gefeiert wie ein Pop-Act.
Überhaupt die Nähe zum Pop und das Gespür für die Show. Das habe man auch bei den drei koreanischen Sängerinnen deutlich bemerken können, die als Gäste mit dem NRW-Orchester aufraten. Was aber nun keinesfalls bedeutet, dass die deutsche Jazz-Jugend dagegen blass ausgesehen hätte. ‘Überhaupt nicht’, sagt Guido Gering, ‘wir haben ja selber Spaß an einer guten Show.’ Der Schlussabgang des Orchesters von der Bühne zum Beispiel wurde in jedem Konzert mit großem Bohei zelebriert.
Geradezu eine Hysterie aber habe Florian ausgelöst, so erzählt Guido Gering. Florian, einer der Trompeter und mit seinen 14 Jahren der Jüngste im Orchester, sei von den Mädchen im Publikum frenetisch gefeiert worden. ‘Der Florian, der war wie die Backstreet Boys in einer Person.’
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