2003 - Korea

Die Back­street Boys in einer Per­son. Das Jugend­Jazz­Or­che­ster NRW wurde auf sei­ner Süd­ko­rea-Tour­nee beju­belt und gefeiert.

Seoul

In Sachen Jazz galt Süd­ko­rea bis­lang noch als Dia­spo­ra. Das könn­te sich aber bald ändern, denn soeben absol­vier­te das Jugend­Jazz­Or­che­ster Nord­rhein-West­fa­len eine Süd­ko­rea-Tour­nee. Und schon oft in sei­ner 28-jäh­ri­gen Geschich­te berei­te­te die­ses Nach­wuchs­en­sem­ble im Aus­land den Boden für ande­re Jazz-For­ma­tio­nen. Gestern, nach zehn­tä­gi­gem Auf­ent­halt, mach­ten sich die 25 Musi­ker auf die Heimreise.

Kurz vor Beginn eines der letz­ten Kon­zer­te in Seoul tele­fo­nier­ten die Sän­ge­rin Cate­ri­na Dra­gon und die bei­den Saxo­fo­ni­sten Chri­sti­ne Moser und Guido Gering mit der WELT am SONNTAG - sie wirk­ten wie beflü­gelt vom Erfolg ihrer Reise. Dass sie in Korea eine sol­che Begei­ste­rung aus­lö­sen könn­ten, damit hat­ten sie offen­sicht­lich nicht gerechnet.

Schon die erste Begeg­nung sei außer­ge­wöhn­lich herz­lich gewe­sen, sagt Chri­sti­ne Moser, die den Saxo­fon-Satz der Big Band lei­tet. Sie erzählt, wie sie mit den ande­ren Saxo­fo­ni­sten kurz nach der Ankunft in Korea für eine Probe in den Park ging, weil es im Hotel kei­nen geeig­ne­ten Raum gege­ben habe. Obwohl das Musi­zie­ren im Park eigent­lich ver­bo­ten ist. Doch statt der Poli­zei kamen als­bald Pas­san­ten und spen­dier­ten den Musi­kern Geträn­ke. Nun sind euro­päi­sche Saxo­fo­ni­sten in Seoul gewiss ein exo­ti­scher Anblick - zumal in einem öffent­li­chen Park. Aber wür­den die Korea­ner des­we­gen wohl auch in die Kon­zer­te kommen?

Cate­ri­na Dra­gon, die Sän­ge­rin, kann es jetzt noch nicht recht fas­sen, wie viel Publi­kum sie hat­ten. ‘An einem Abend haben wir vor 2000 Zuhö­rern gespielt’, erzählt sie. Und die klatsch­ten nicht nur artig Applaus, son­dern beju­bel­ten jedes ein­zel­ne Solo. Dass es eines Abends bei einem Schlag­zeug-Solo sogar Stan­ding Ova­tions gab - die­ses Ereig­nis wird wahr­schein­lich Ein­gang in die Anna­len des Orche­sters fin­den. Es soll frei­lich nicht ver­schwie­gen wer­den, dass die Licht­in­sze­nie­rung bestimmt ihren Teil zu sol­chen Bei­falls­stür­men bei­getra­gen hat: Licht aus, Spot aufs Schlag­zeug. Auch davon waren die NRW-Jaz­zer über­rascht: Mit wie viel tech­ni­scher Fines­se die korea­ni­schen Ver­an­stal­ter ihre Gäste ver­wöhn­ten. So also wurde der Jazz aus NRW in Korea fast gefei­ert wie ein Pop-Act.

Über­haupt die Nähe zum Pop und das Gespür für die Show. Das habe man auch bei den drei korea­ni­schen Sän­ge­rin­nen deut­lich bemer­ken kön­nen, die als Gäste mit dem NRW-Orche­ster auf­ra­ten. Was aber nun kei­nes­falls bedeu­tet, dass die deut­sche Jazz-Jugend dage­gen blass aus­ge­se­hen hätte. ‘Über­haupt nicht’, sagt Guido Gering, ‘wir haben ja sel­ber Spaß an einer guten Show.’ Der Schluss­ab­gang des Orche­sters von der Bühne zum Bei­spiel wurde in jedem Kon­zert mit gro­ßem Bohei zelebriert.

Gera­de­zu eine Hyste­rie aber habe Flo­ri­an aus­ge­löst, so erzählt Guido Gering. Flo­ri­an, einer der Trom­pe­ter und mit sei­nen 14 Jah­ren der Jüng­ste im Orche­ster, sei von den Mäd­chen im Publi­kum fre­ne­tisch gefei­ert wor­den. ‘Der Flo­ri­an, der war wie die Back­street Boys in einer Person.’

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